Handmade vs. Cyberweek

Veröffentlicht am 1. Dezember 2025 um 11:10

Zwischen Handarbeit und Rabattwahnsinn. Der Dezember hat für mich etwas Besonderes.
Nicht nur, weil er das Jahr leise abschließt, sondern weil er uns einlädt, einmal kurz innezuhalten. Durchzuatmen. Nachzufühlen, was uns wirklich wichtig ist – und welchen Wert Dinge für uns tragen.

 

Während überall Cyber-Sales, Black-Week-Rabatte und Countdown-Deals aufpoppen, sitze ich an meinem Tisch, habe Holzstaub an den Fingern und spüre, wie weit sich diese Welt des schnellen Konsums von echtem Handwerk entfernt hat.

 

Mit Kreide gezeichnetes Wort SALE auf einer dunklen Tafel.

Wenn Rabatte zum Pflichtprogramm werden – und Handmade nicht mithalten kann

Im November und Dezember erwarten viele Menschen starke Nachlässe.
Nicht aus mangelnder Wertschätzung – sondern weil große Anbieter sie daran gewöhnt haben.
„Heute 50 %! Morgen 60 %! Nur jetzt, nur hier!“

 

Ein ehrliches Handwerk kann das nicht leisten.
Und auch nicht wollen.

 

Denn hinter jedem Handmade-Stück steckt etwas, das sich nicht rabattieren lässt:
Zeit. Sorgfalt. Material. Herz.

 

Während große Händler ihre Preise hin- und herschieben, entsteht in kleinen Werkstätten ein ganz anderes Spannungsfeld: steigende Materialkosten, Plattformgebühren, Versandkosten – und gleichzeitig der Druck, „mithalten“ zu müssen.

 

 

Peak-Zuschläge, Peak-in-Peak-Zuschläge – und was dahinter steckt

Was viele nicht wissen: In der Hochsaison erheben Versanddienstleister zusätzliche Aufschläge, die über die normalen Versandkosten (inkl. Maut- und CO₂-Zuschläge) hinausgehen. Viele Dienstleister arbeiten in dieser Zeit mit solchen Modellen. Bei DHL heißen sie „Peak-Zuschläge“ und „Peak-in-Peak-Zuschläge“ – andere Anbieter haben ähnliche Aufschläge, nur unter einem anderen Begriff.

 

Diese sogenannten Peak-Zuschläge gelten im November und Dezember und betragen aktuell 0,19 € pro Paket (zzgl. MwSt.). Privatkunden sind davon übrigens nicht betroffen – diese Aufschläge gelten ausschließlich für Geschäftskunden.

 

Rund um die stärksten Versandtage – vor allem während der Black Week und den Tagen danach (meist zwischen 24. November und 7. Dezember) – kommt zusätzlich ein Peak-in-Peak-Zuschlag von 0,50 € pro Paket (zzgl. MwSt.) hinzu.

 

Die Ursache dafür liegt allerdings nicht darin, dass wir hier zur Black Week plötzlich massenhaft mehr verschicken. Der Hintergrund ist ein anderer.

Illustration eines hohen Stapels aus Versandpaketen mit einem kleinen Schild mit der Aufschrift Dezember.

Die Flut an China-Paketen – und wer die versteckten Kosten trägt

In den letzten Wochen habe ich immer wieder mit anderen kleinen Labels über den internationalen Versand gesprochen – und vieles davon hat mich nachdenklich gemacht. Denn die Paketflut aus China, die gerade rund um Black Week und Co. über Europa hereinbricht, ist nicht nur ein logistisches Thema. Sie verursacht Kosten, die am Ende nicht von den Absendern dieser Waren getragen werden, sondern bei den Zustelldiensten hier vor Ort landen – und damit auch bei uns kleinen Labels, die präzise kalkulieren müssen.

 

Der Hintergrund liegt in einem weltweiten Postsystem, das vielen kaum bekannt ist. Über viele Jahre galt China im Rahmen des Weltpostvereins (UPU) als „Entwicklungsland“ und konnte dadurch besonders günstig ins Ausland versenden. Auch wenn diese Einstufung heute nicht mehr gilt, profitieren chinesische Versender weiterhin von sogenannten Terminal Dues, die deutlich unter unseren eigenen Versandkosten liegen. Der fehlende Betrag wird hierzulande abgefangen und querfinanziert – unsichtbar für viele, spürbar für uns, die am Ende mit realen Preisen arbeiten.

 

Deshalb gibt es diese Peak-Zuschläge:
nicht, weil wir Europäer plötzlich Unmengen mehr bestellen,
sondern weil Millionen Pakete aus China ins System kommen – gerade während Cyber-Week und Black Friday.

 

Für kleine Handmade-Shops entsteht daraus ein merkwürdiges Spannungsfeld:
Kunden erwarten Rabatte – Versender erheben Zuschläge.
Und irgendwo dazwischen stehen wir – mit unseren sorgfältig kalkulierten Preisen.

Illustration einer Weltkugel mit angedeuteter Flugzeugroute.

Was sich 2028 ändert – und warum das wichtig ist

Ab März 2028 fällt die de-minimis-Regelung weg.
Jedes Paket aus China erhält dann zusätzlich eine Gebühr von 2 €.

 

Das wird etwas verändern – vielleicht sogar spürbar.
Ob DHL seine eigenen Preise dann wieder senkt?
Wahrscheinlich nicht.

 

Aber vielleicht sorgt es für ein gerechteres System.

 

 

 

Was das für Handmade bedeutet – und warum Wertschätzung wichtig ist

Für viele Menschen wirken solche Zusammenhänge weit entfernt.
Für kleine Werkstätten sind sie das nicht.

 

Wenn im Hintergrund Kosten entstehen, die niemand sieht, tragen wir sie dennoch mit – während gleichzeitig hohe Rabatte erwartet werden und der schnelle Konsum lauter wird als die leise, sorgfältige Arbeit, die jedes Stück prägt.

 

Und vielleicht ist es genau das, was kleine Werkstätten brauchen: Menschen, die sehen, was hinter einem Stück steckt. Ohne diese Form von Wertschätzung geraten viele von uns sonst nach und nach aus dem Blickfeld – und damit auch die besonderen Dinge, die es nicht im Supermarkt zu kaufen gibt.

 

Deshalb ist mir diese Klarheit wichtig: sichtbar zu machen, was hinter einem handgemachten Stück steht – fernab von Prozentlogik und Rabattdruck.

Illustrierte Holzspirale mit leichtem Schatten.

Warum ich mit Rabatten achtsam umgehe

Rabatte sind an sich nichts Schlechtes.
Ich schenke meinen Kunden hin und wieder kleine Nachlässe – manchmal als Dankeschön, manchmal zu einem besonderen Anlass. Und ja: dazu gehört auch meine versandkostenfreie Lieferung, derzeit ab 80 €, die ich bewusst auf allen Kanälen anbiete.

 

Für mich sind solche kleinen Aktionen ein Zeichen von Wertschätzung.
Keine Strategie und kein Versuch, jemanden „abzuholen“, der eigentlich viel größere Rabatte gewohnt ist.

 

Was ich nicht möchte, sind künstliche Rabatt-Schlachten.
Diese Prozentzahlen, die von großen Händlern gesetzt werden und plötzlich zur Messlatte werden – unabhängig davon, ob sie realistisch oder fair sind. Wenn überall mit „bis zu 70 %“ geworben wird, verliert ein wirklich gemeinter kleiner Nachlass seine Bedeutung. Und authentisches Handmade rutscht in einen Wettbewerb, der mit unserer Realität nichts zu tun hat.

 

Und manchmal betrifft dieser Rabattdruck sogar Plattformen, die sich eigentlich kreativen Kleinunternehmen verschrieben haben. Auch dort werden zunehmend Rabatte erwartet oder beworben, die echte Handmadelabels kaum leisten können – und die unsere Preise schnell neben die ganz großen Anbieter stellen.

 

Ich will meine Preise nicht künstlich erhöhen, nur um sie später wieder zu senken.
Ich möchte keine „-40 %“-Schilder, hinter denen eigentlich ein „+40 %“ steckt.
Ich möchte einfach klar bleiben – in meiner Arbeit, in meinen Preisen und in meiner Haltung.

 

Und deshalb gehe ich mit Rabatten behutsam um:
als kleines Dankeschön.
Als freundlicher Impuls.
Nicht als Marketing-Stunt.

 

Und gerade deshalb freue ich mich auch über Aktionen, die wirklich zu mir passen – wie ein kleiner Nikolaus-Gruß.
Anlässe, die etwas bedeuten. Nähe, die bleibt. Freude, die nicht gemacht ist, sondern entsteht.

 

 

 

Ein stiller Gedanke zum Jahresende

Vielleicht ist dieses Innehalten im Dezember genau das, was wir brauchen.
Ein Moment, um wieder zu spüren, was Handarbeit eigentlich bedeutet.
Warum ein Handschmeichler nicht einfach „ein Stück Holz“ ist.
Und warum echte Dinge ihren Preis haben dürfen.

 

Wenn Du ein Handmade-Stück kaufst, kaufst Du mehr als ein Produkt.
Du kaufst die Zeit, die Sorgfalt und die Wärme eines Menschen, der es mit den eigenen Händen geschaffen hat.

 

Es ist kein Rabatt, den solche Stücke brauchen.

 

Danke, dass Du Dir die Zeit für diesen kleinen Einblick genommen hast.
Wenn Du Fragen hast oder Dir zu einem Thema etwas auf dem Herzen liegt – schreib mir gern.

 

Ich wünsche Dir einen ruhigen Dezember und viele kleine Momente, die Dir gut tun.♥︎

 

Mit dem Finger in Holzstaub gezeichnetes Herz auf einer Holzoberfläche.

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